Wir leben in durchaus stürmischen Zeiten, in Zeiten der Transformation. Viele Themen können Ängste in uns triggern, polarisieren und zu zwischenmenschlicher Spaltung führen – Corona, Klimawandel, Inflation, Krieg… Wie schaffen wir es, bei uns zu bleiben, nicht in Panik zu verfallen und erst recht nicht unser Gegenüber anzugreifen? Angst ist meist eine unhinterfragte Projektion der Zukunft, ein Konstrukt, das nur in deinen Gedanken besteht und mit dem Hier und Jetzt in aller Regel wenig zu tun hat (es sei denn es steht tatsächlich ein hungriger Tiger vor dir).

,,In meinem Leben habe ich unvorstellbar viele Katastrophen erlitten. Die meisten davon sind nie eingetreten.“ (Mark Twain, 1835-1910)

Schau dich einmal dort um, wo du dich gerade befindest – was siehst du, was hörst du – jetzt? Schließe die Augen und öffne sie wieder – versuche präsent zu sein – gibt es jetzt, jetzt in diesem Moment irgendein Problem? In Wahrheit haben wir doch immer eine Wahl, die Wahl unserer Aufmerksamkeitslenkung und des Einnehmens einer Metaebene – denn du bist weder deine Gedanken, noch deine Gefühle – du bist das Bewusstsein, das dies alles wahrnehmen und beobachten kann. Das bedeutet Achtsamkeit – Achtsamkeit bedeutet, immer öfter aussteigen zu können aus deinem inneren Film und dich wieder im Hier und Jetzt verankern zu können. Durch deinen Körper, deine Sinneswahrnehmungen.

Deine Gedanken sind wie Wolken am Himmel. Sie kommen und gehen wieder vorbei.

Genauso ist es mit deinen Emotionen, die meistens ein Produkt deiner (auch unbewussten und unhinterfragten) Gedanken sind und umgekehrt. Je achtsamer wir werden, desto bewusster werden wir auch und desto eher kann es uns gelingen eine Pause zwischen Reiz und Reaktion zu setzen. Und dann können wir uns immer öfter fragen, ob wir nicht lieber aus unserer selbst gewählten Ohnmacht, unserem stressigen ,,Film“ aussteigen wollen um in einen anderen ,,Film“ zu springen. Gibt es auch noch andere Perspektiven? Möchte ich mich jetzt selber so mit meinen eigenen Gedanken stressen? Wunderbar verständlich erklärt das Daniele Ganser, ein Schweizer Historiker und Friedensforscher in folgendem Video:

Durch Übung in Achtsamkeit wird es uns als Menschheit auch eher möglich, Frieden zu bewahren und eben nicht in die Spaltung zu gehen, denn (wie Daniele Ganser ausführt) wir übernehmen die volle Verantwortung für unsere Gedanken und Gefühle. Beobachte also, was dein Gegenüber in dir auslöst und in welchen ,,Film“ du durch deinen Mitmenschen katapultiert wirst. Denn, auch wenn das echt schwer zu verinnerlichen ist: Nichts von dem was andere Menschen tun oder sagen hat etwas mit dir zu tun – es hat primär etwas mit Ihnen zu tun. Wenn sie dich mögen, ist das ihre Sache und wenn sie dich nicht mögen ist das auch ihre Sache.

Ein Beispiel (etwas, das mich zum Beispiel immer noch sehr triggert):

Dein Gegenüber findet, es sei eine gute Idee eine staatliche Impfpflicht einzuführen und damit in die körperliche Unversehrtheit der Bürger einzugreifen.

Zugegeben (auch aus meiner heutigen Sicht) schon ein ziemlich verwegener und, wie ich finde, durch und durch übergriffiger Gedanke. Du beobachtest, wie Wut in dir aufsteigt, die Gedanken beginnen zu rasen, dein Sympathikus wird aktiv und versetzt dich blitzschnell in einen Kampfmodus, Energie wird bereitgestellt. In diesen Momenten sollten wir achtsam sein und beobachten was der andere in uns getriggert hat. Das bedeutet nicht, dass wir uns selbst verlassen müssen, nicht unsere Meinung sagen dürfen und erst recht nicht, dass wir uns nicht wehren dürfen wenn wir angegriffen werden – es bedeutet primär, nicht auszuagieren, nicht in die Spaltung zu gehen, im schlimmsten Fall dem anderen nicht das Recht auf Leben zu verwehren – ja so schlimm kann es kommen, wenn wir nicht zuerst bei uns gucken. Auch Krieg ist eine Geisteskrankheit, eine sichtbar gewordene Spaltung, die auf kollektive Unbewusstheit zurückzuführen ist. Wenn wir denken, dass allein unser Gegenüber durch diese oder jene Überzeugung schuld ist, liegen wir meistens falsch. Denn du bist getriggert, du bist so verletzt. Bleibe ruhig und wundere dich beispielsweise über die Ansichten deines Gegenübers – wie interessant, dass du der Meinung bist… Wundere dich viel und oft, das ist immer gut. Wundere dich und dann beobachte deine Umgebung und stelle fest, was wirklich im Moment präsent ist und ob du es schaffst dich wieder im Hier und Jetzt zu verankern.

Hier sind die vier Spiegel-Gesetze (von Also Berti)

1. Spiegel-Gesetz

Alles was mich am anderen stört, ärgert, aufregt oder in Wut geraten lässt und ich anders haben will, habe ich selbst in mir. Alles was ich am anderen kritisiere oder sogar bekämpfe und verändern will, kritisiere, bekämpfe oder unterdrücke ich in Wahrheit in mir und hätte es gerne anders.

2. Spiegel-Gesetz

Wenn der andere mich kritisiert, bekämpft und verändern will und ich mich deswegen verletzt fühle, so betrifft es mich – ist dies in mir noch nicht erlöst. Meine gegenwärtige Persönlichkeit fühlt sich beleidigt – der Egoismus ist noch stark.

3. Spiegel-Gesetz

Alles was der andere an mir kritisiert und mir vorwirft oder anders haben will und bekämpft und mich dies nicht berührt, ist sein eigenes Bild, sein eigener Charakter, seine eigenen Unzulänglichkeiten, die er auf mich projiziert.

4. Spiegel-Gesetz

Alles, was mir am anderen gefällt, was ich an ihm liebe, bin ich selbst, habe ich selbst in mir und liebe dies im Anderen. Ich erkenne mich selbst im Anderen – in diesen Angelegenheiten sind wir eins.

,,Die projizierte Welt kannst du nicht ändern, wohl aber den Projektor, den Verstand. Achte einfach darauf, wann die Dinge aus dem Gleichgewicht geraten. Du musst das nicht erst mühsam herausfinden. Es gibt ein eingebautes Signal, das dich darauf aufmerksam macht – es heißt Stress.“ (Byron Katie)

Und sei auch vorsichtig mit deinem Gegenüber, weil du im Grunde nichts weißt. Du weißt nicht, warum jemand so ist wie er sich dir präsentiert. Ein elementarer Grundsatz des Hippokratischen Eides (eine ethische Richtlinie für Ärzte) besagt: Primum nil nocere, secundum cavere, tertium sanare, was soviel bedeutet wie: Zuallererst nicht schaden, zweitens vorsichtig sein und erst drittens heilen. Achte also zum Beispiel schon auf deine Worte, denn auch Worte können verletzen – die Seele.

Achtsamkeit ist aus meiner Sicht eine wichtige Säule nicht nur für die Integration eigener verletzter Anteile, sondern auch elementar wichtig für die Aufrechterhaltung von Frieden. Viele Krankenkassen bieten Zuschüsse bei Präventionskursen an, in denen man Achtsamkeit lernen kann. Ein sehr bekannter und wissenschaftlich gut untersuchter Kurs, in dem man Achtsamkeit lernen kann, ist MBSR – mindfulness-based-stress-reduction, ein Programm, was auf den Grundlagen buddhistischer Achtsamkeitsmeditation beruht und was zum Beispiel auch helfen kann, besser mit Schmerzen und Krankheit umzugehen.

Bei zertifizierten Anbietern gibt es in aller Regel eine Kostenbeteiligung durch deine Krankenkasse.

Schau einmal hier:

https://www.mbsr-verband.de/

Hast du Fragen – melde dich gerne bei mir!