Ingwer aus ernährungsmedizinischer Sicht
Ingwer (Zingiber officinale Roscoe) stammt ursprünglich aus Südostasien und ist mit Kardamon und Kurkuma verwandt. Ingwer enthält Scharfstoffe (Gingerole und Shogaole), die für den Geschmack und die pharmakologischen Effekte verantwortlich sind. Ingwer enthält darüber hinaus ätherische Öle wie Zingiberen und Zingiberol, die den charakteristischen Duft und Geschmack ausmachen. Ingwer wird im Herbst geerntet (nach 8-10 Monaten Wachstum) – die Wurzeln werden behutsam ausgegraben und frisch oder getrocknet verwendet, eine korkartige, braune Rinde umgibt das gelbe Innere.
Wirkung aus Sicht der chinesischen Medizin
Frischer Ingwer hat ein warmes Temperaturverhalten sowie eine scharfe Geschmacksrichtung. Er wirkt schweißtreibend und leitet Kälte aus. Frischer Ingwer wirkt schärfer und öffnender und bewegt das Qi (Lebensenergie) stärker als getrockneter.
Bei welchen Beschwerden kann Ingwer angewendet werden?
Ingwer kann vor allem bei beginnenden Erkältungskrankheiten mit Kälteabneigung, Schüttelfrost und klaren Sekreten sehr gute Behandlungsergebnisse erzielen. Bei einsetzender Erkältung sollte ein Dekokt (Abkochung oder Absud – wässriger Extrakt, der durch das Kochen von festen Drogen gewonnen wird) mit frischem Ingwer, Frühlingszwiebeln und braunem Zucker rasch und großzügig angewendet werden – solange bis leichtes Schwitzen einsetzt.
Frischer Ingwer ist besonders effektiv bei Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen und wirkt auch effektiv bei Schwangerschaftsübelkeit (bewährte Kombination – Ingwer mit Zitrone). Sun Simiao (581-682 n. Chr. – berühmter Arzt und Religionswissenschaftler) war besonders überzeugt von der Wirkung von frischem Ingwer und bezeichnete ihn als ,,hervorragende Arznei für alle, die unter Übelkeit leiden“.
Ingwer aus Sicht der westlichen Ernährungsmedizin
Ingwer ist auch aus westlicher Sicht wissenschaftlich nachgewiesen ein Antiemetikum (Übelkeit und Brechreiz unterdrückend) sowie Regulator des Glukose- und Fettstoffwechsels. Darüber hinaus bestehen antimikrobielle, entzündungs- bzw. schmerzhemmende Wirkungen.
Übelkeit und Erbrechen
Ingwer gilt als effektiv gegen Übelkeit verschiedener Ursachen, insbesondere ist eine Wirksamkeit gegen Reisekrankheit, Schwangerschaftserbrechen und bei Übelkeit als Nebenwirkung einer Chemotherapie belegt.
Glukose- und Fettstoffwechsel
Ingwer kann bestimmte glykämische (den Blutzucker betreffende) Parameter günstig beeinflussen und führte in vielen Untersuchungen zu einer signifikanten Verminderung der Glukosekonzentration im Nüchternblut und des HbA1c (Blutzucker-Langzeitmarker) sowie zu einer Verbesserung der Insulinsensitivität der Zellen. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte eine Reduktion des HbA1c um 1% beobachtet werden, was als klinisch bedeutsam hervorgehoben werden kann, da ein Anstieg von 1% des HbA1c mit einer um 30% höheren Mortalitätsrate (Sterblichkeitsrate) einhergeht.
Diese beobachtete Wirkung wurde auf die enthaltenen bioaktiven Scharfstoffe (Gingerole und Shogaole) zurückgeführt. Dies kann dazu beitragen den Abbau von Kohlenhydraten zu verlangsamen und somit den Blutzuckerspiegelanstieg nach den Mahlzeiten zu reduzieren.
Infekte
Die Scharfstoffe Gingerol und Shogaol haben antimikrobielle, antimykotische und antivirale Eigenschaften und können somit eine unterstützende Rolle bei der Linderung von Infektionen spielen, insbesondere solche, die die Schleimhäute betreffen. Ca. 30-60 Minuten nach dem Konsum von einem Liter Ingwertee gelangen signifikante Mengen von Ingwerscharfstoffen ins Blut, Immunzellen lassen sich durch den Konsum von Ingwer stimulieren.
Schmerzen
Ingwer zeigt entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften. Dies ist unter anderem durch die Hemmung der Produktion von proentzündlichen Botenstoffen (Prostaglandine und Leukotriene) zu erklären.
Einnahme und Sicherheit
Die Einnahme von Ingwer (z.B. in Kapselform) kann als relativ sicher angesehen werden, zeitweise treten leichte Magen- und Darmbeschwerden wie Reflux oder Sodbrennen auf. Die konsistenteste Wirksamkeit wurde bei einer Dosierung von 0,5-3 g/Tag in Kapselform über einen Zeitraum von bis zu 3 Monaten festgestellt.
Resümee
Aus westlicher Sicht sind Wirkung und mögliche Mechanismen für Ingwer als Antiemetikum und Regulator des Glukose- und Fettstoffwechsels sowie hinsichtlich einer antimikrobiellen, entzündungs- und schmerzlindernden Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen. Der Verzehr von Ingwer gilt als sicher. Die EMA (European Medicine Agency) listet Ingwerkapseln gegen Reiseübelkeit für Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren auf.
Und hier noch ein Rezept für ein Ingwer-Dekokt bei beginnender Erkältung:
So bereitest du das Dekokt vor –
5 Frühlingszwiebeln
10 g frischer Ingwer
500 ml Wasser
etwas brauner Zucker
Zubereitung:
Frühlingszwiebeln grob hacken und schneiden. Frischen Ingwer schälen und in feine Scheibchen schneiden – Wasser hinzufügen, aufkochen, 5-10 Minuten sanft köcheln lassen, abseihen. Mit etwas braunem Zucker abschmecken.
Einnahme:
Das Dekokt soll insbesondere bei beginnender Erkältung mit Frösteln, laufender Nase mit klarem Sekret, Glieder- und Kopfschmerzen, rasch und großzügig eingenommen werden.